Freihandelsabkommen (TTIP, CETA und TiSA) – Kommunale Selbstverwaltung und Daseinsvorsorge schützen (AN 25, 30.11.2015) 1. Dezember 20156. Januar 2021 … Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen: Die Stadtverordnetenversammlung stellt fest, dass das zentrale Thema der Freihandelsabkommen TTIP, TiSA und CETA – Abbau von Handelshemmnissen, Marktöffnung und Liberalisierung – die soziale, ökologische und wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt unmittelbar betrifft und Risiken für die kommunale Selbstverwaltung und bei den Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Daseinsvorsorge birgt. Die Stadtverordnetenversammlung fordert daher von der EU-Kommission, dem Europaparlament, der Bundesregierung und der hessischen Landesregierung, in den Verhandlungen darauf Einfluss zu nehmen, dass: 1. Die aktuellen Verhandlungen mit größtmöglicher Transparenz und Öffentlichkeit zu führen sind. Vor einer Ratifizierung im Bundestag und im EU-Parlament werden die Verträge den kommunalen Spitzenverbänden zur Prüfung und Stellungnahme vorgelegt. 2. Keinerlei Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung der Städte und Gemeinden vorgenommen werden. Spielräume für eine städtische Auftragsvergabe nach sozialen, ökologischen oder regionalen Kriterien dürfen nicht verschlechtert werden. Re-Kommunalisierungen müssen jederzeit und uneingeschränkt möglich bleiben. 3. Auf spezielle Investorenschutzregelungen und Schiedsgerichte gänzlich verzichtet wird. Investitionsschutzregelungen gefährden die Entscheidungsfreiheit der Kommunen, weil sie Schadensersatzansprüche von Investoren befürchten müssen. 4. Der Abbau von Handelshemmnissen nicht zu Lasten von europäischen Sozial- und Verbraucherschutzstandards erfolgt. Das europäische Vorsorgeprinzip als grundsätzliches Prinzip im Verbraucher-, Umwelt- und Gesundheitsschutz soll uneingeschränkt erhalten bleiben. Die Stadtverordnetenversammlung fordert die Landes- und Bundesregierung sowie die Abgeordneten des Landtags, des Bundestags und des Europäischen Parlaments auf, die Ratifizierung von CETA und jedes weitere Abkommen, das die in dieser Erklärung dargelegten Maßgaben nicht erfüllt, abzulehnen, sowie den Stopp von Verhandlungen zu den Abkommen TTIP und TiSA zu veranlassen, solange diese essentiellen Bedingungen nicht erfüllt werden. Der Magistrat wird beauftragt, diesen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Griesheim den im vorstehenden Absatz angesprochenen Körperschaften und Personen unverzüglich zuzuleiten. Begründung: Der DGB-Ortsverband Griesheim ist in einem Brief an städtische Gremien und Stadtverordnete herangetreten. Darin teilt er hinsichtlich der laufenden Verhandlungen der Abkommen TTIP, TiSA und CETA die Sorge mit, dass diese die kommunale Selbstverwaltung und öffentliche Daseinsvorsorge gefährden und negative Auswirkungen für das kommunale Handeln, bei der öffentlichen Auftragsvergabe, der Delegation von Aufgaben an kommunale Unternehmen oder der interkommunalen Zusammenarbeit haben können. Mit diesen Befürchtungen steht der DGB nicht allein da. Einige 100 Kommunen weisen seit 2014 bundesweit aktiv auf die Risiken der Freihandelsabkommen hin und haben entsprechende Resolutionen verabschiedet. Mit besonderer Besorgnis werden die Investitionsschutzabkommen sowie die Schiedsgerichte gesehen. Dabei geht es darum, künftige, durch gesetzliche Vorschriften angeblich entgangene Profite, über demokratische Entscheidungen zu stellen. Schiedsgerichte, die nicht an geltendes nationales oder europäisches Recht gebunden sind, befinden darüber und hebeln damit den Rechtsstaat aus. Nach derzeitigem Kenntnisstand sind diese Maßnahmen geeignet, die bisherige Form kommunaler Daseinsvorsorge und das Subsidiaritätsprinzip zu gefährden. Für uns als Kommune könnte es unter den Regelungen dieser Abkommen dazu kommen, dass gegen die Betriebsbeschränkung des Frankfurter Flughafens geklagt wird mit dem Ziel, die bestehende Nachtruhe von 23:00 bis 5:00 Uhr wieder aufzuheben. Zudem besteht die Gefahr, dass die Stadt Griesheim keinerlei gestalterische Möglichkeiten mehr bei Projekten mit privatwirtschaftlichen Investoren (z.B. mit der Energiegenossenschaft Odenwald) hätte, weil die Gefahr bestünde, dass dadurch Gewinne bei Dritten verloren gehen könnten. Auch ist die Sorge nicht von der Hand zu weisen, dass die Stadt Griesheim bei künftigen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Eigenbetrieb Haus Waldeck nicht mehr frei – im Rahmen der derzeit geltenden Gesetze – entscheiden könnte. Kommunale Spitzenverbände appellieren an die Entscheider auf EU- und Bundesebene, dass bei den Abkommen nachverhandelt werden muss, um die Rechtsstaatlichkeit nicht zu gefährden und die Handlungsfreiheit von Kommunen zu schützen.
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