DIE ZEIT: Warum ist das ärmste Land der Welt so arm?

[01.04.2017] DIE ZEIT, Nr. 12, 16.03.2017
Warum ist das ärmste Land der Welt so arm?
Reiche Staaten wollen das Elend im Süden bekämpfen. Was würde helfen? Ein Besuch in der Zentralafrikanischen Republik.
Von Mark Schieritz

Link  http://www.zeit.de/2017/12/zentralafrikanische-republik-armut-entwicklungshilfe-afrika

“… Die Zentralafrikanische Republik belegt den letzten Platz. Ganze 581 Dollar jährlich beträgt dort das Pro-Kopf-Einkommen – in Deutschland sind es 43.919 Dollar. …
Die G20 ist der Club der Reichen, und die haben sich bislang vor allem mit der Frage befasst, wie sie noch reicher werden. Doch seit sich in Afrika Hunderttausende in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf den Weg machen, sind die Probleme von Präsident Touadéra auf einmal auch: die Probleme des Westens. …
“Vor allem die Infrastruktur macht uns Sorgen. Es gibt kaum Straßen und zu wenig Strom.”
Touadéra gilt als Hoffnungsträger in einem Land, dessen Geschichte wie die Geschichte so vieler afrikanischer Staaten bislang wenig Anlass zur Hoffnung bot. Nach dem letzten Putsch im Jahr 2013 verübten rivalisierende Milizen Massaker, bei denen Tausende getötet und Hunderttausende in die Flucht getrieben wurden. Touadéra ist der erste Präsident seit vielen Jahren, der durch eine einigermaßen faire Wahl an die Macht gekommen ist. …
Es gibt sogar Experten, die wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Angus Deaton die Entwicklungshilfe radikal streichen wollen, weil die Zahlungen nur korrupte Regime am Leben erhielten und schlimmstenfalls sogar Schaden anrichteten. …
Es gibt nicht nur zu wenig Soldaten, es gibt auch zu wenig Polizisten, zu wenig Lehrer und zu wenig Finanzbeamte. Es fehlt an unabhängigen Richtern, Ministerialbeamten, Steuerprüfern. Auf dem Papier ist die Zentralafrikanische Republik ein ordentlich gegliedertes Staatswesen mit 16 Präfekturen und 179 Kommunen. Doch die Praxis sieht anders aus. Etwa die Hälfte der Gemeindeverwaltungen muss mit einem Budget von weniger als einem Euro auskommen – im Jahr. Und so müssen sie zusehen, wie die im Osten des Landes abgebauten Diamanten über die Grenze geschmuggelt werden, wo sie die Taschen der Milizenführer füllen, statt der eigenen Bevölkerung zugutezukommen. …
Das passt zu der These, die der Wirtschaftsforscher Daron Acemoğlu vom Massachusetts Institute of Technology in den USA aufgestellt hat. Acemoğlu glaubt, dass der Wohlstand eines Landes davon abhängt, wie dieses Land seine Angelegenheiten regelt. In den meisten armen Staaten habe eine kleine Elite die Macht über politische und ökonomische Ressourcen und nutze sie, um sich selbst zu bereichern. Weil sich Leistung nicht lohne, bleibe der Fortschritt aus. Reiche Länder dagegen seien reich, weil wirtschaftliche und politische Freiheitsrechte der Ausbeutung der Bevölkerung Grenzen setzten und staatliches Handeln sich stärker am Wohl der Allgemeinheit orientiere. …”

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