DIE ZEIT: Die da oben – Das Leben der Reichen

[17.08.2017] DIE ZEIT, Nr. 31, 27.07.2017
Die da oben – Das Leben der Reichen
Reiche haben viel Einfluss in Deutschland. Doch man weiß fast nichts über sie. Eine Reise zu denen, die sie am besten kennen: Ihren Dienstleistern.
Von Laura Cwiertnia

Link  http://www.zeit.de/2017/31/reichtum-deutschland-dienstleister-leben  

“… Er sagt: “Die Reichen bleiben unter sich.”
Wie gespalten die Gesellschaft ist, sieht man vor allem daran, ob sich ihre Gruppen im Alltag noch begegnen. … In manchen Gegenden sind die Immobilienpreise so stark gestiegen, dass dort heute fast nur noch Leute leben, die viel besitzen. …
Die Reichen scheinen sich in ihrer Wirklichkeit von den anderen sozialen Schichten weiter zu entfernen. …
Wird ein Mensch reich geboren, vererben seine Eltern ihm auch soziales Kapital. Neben dem Kontostand ist es vor allem das, was die Schicht der Vermögenden heute von anderen sozialen Klassen trennt. …
Umfragen in Großbritannien zeigen, dass viele Spitzenverdiener keine Vorstellung mehr von der Tatsächlichen Armutsgrenze in ihrem Land haben. … befragte Unternehmensschefs nach ihrem Blick auf die Gesellschaft. Während die meisten Arbeiterkinder, die es bis nach oben geschafft haben, die Gesellschaft als ungerecht empfanden, erschien sie den meisten Chefs aus wohlhabendem Elternhaus als gerecht. …
Im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung wurden 2017 erstmals Hochvermögende zu ihren Einstellungen befragt. Die Umfrage ist nicht repräsentativ. Es fällt aber auf: 99 Prozent der Befragten waren der Ansicht, bereits genug an den Staat abzugeben. Statt Steuern zu zahlen, würden sie lieber spenden und selbst bestimmen, wer von ihrem Geld profitiert. …

Wie jemand mit dem Geld umgeht, das er besitzt, hängt von seiner Persönlichkeit ab. … Doch es macht einen Unterschied, ob man sein Geld selbst erarbeitet hat oder schon reich zur Welt kommt. Werden Kinder in eine Parallelwelt hineingeboren, die mit dem Leben all der anderen Kinder wenig zu tun hat, verändert das ihren Bezug zu Geld und ihre Beziehung zu den normalen Bürgern.
…  Doch spätestens in der dritten Generation ist der Reichtum “normal”, ebenso sind es die Privilegien, die mit ihm einhergehen. …
… Doch wie die Reichen die Welt sehen, ist besonders relevant. Sie haben mehr Macht als andere.
… Reiche in Deutschland sind als Familienunternehmer in ihrer Region verhaftet. … Auf der anderen Seite misstrauen sie dem Staat, der Stadt, dem Landkreis. Auch deswegen betreibt der Verband der Familienunternehmen seit Jahren erfolgreich Lobbyarbeit gegen eine höhere Erbschaftssteuer. Seine Mitglieder wollen sich nicht gängeln lassen von der Gesellschaft, die sie umgibt, der sie sich aber oft fern fühlen. Sich selbst trauen sie meist mehr zu als dem Staat. …
Die Vermögenden zahlen zwar kaum Steuer, bestimmen aber mit, wie sich die Gesellschaft entwickelt. Man könnte sagen: Statt ein gleichwertiges Mitglied des Staates zu sein, werden manche von ihnen zu regionalen Fürsten. …
Reiche haben mehr politische Macht in Deutschland als andere. Sie nehmen mehr Einfluss auf die Gesellschaft, deshalb richtet sich die Politik stärker nach ihren Wünschen. …”

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