[03.08.2017] DIE ZEIT, Nr. Nr. 31, 27.07.2017
Kanada – Hoffen auf Trudeau
Während die USA ein Einreiseverbot verhängen, zeigt sich Kanada offen für Flüchtlinge. Der Senegalese Mbaye Sow hat die wilde Grenze nach Norden überquert und träumt von einer sicheren Zukunft. Doch so einfach ist es nicht.
Von Jochen Bittner
“… Trump-Amerika gilt vielen Migranten eben nicht mehr als sicher. Und das Rückführungsabkommen, das die Vereinigten Staaten mit Kanada geschlossen haben, ist mittlerweile ebenso wertlos wie das Dublin-Abkommen innerhalb der EU. Denn unter den Migranten hat sich herumgesprochen, dass man in Kanada zwar abgewiesen wird, wenn man versucht, über offizielle Grenzstellen einzureisen. Überquert man die Grenze hingegen illegal, irgendwo entlang ihres fast 9.000 Kilometer weiten Verlaufs, hat man das Recht auf ein Asylverfahren. So will es die UN-Flüchtlingskonvention.
Mbaye Sow weiß, er muss im ersten kanadischen Örtchen, in das er den Fuß setzt, nur die Polizei anrufen, dann wird man sich um ihn kümmern. …
Anders als in den USA werden illegale Einwanderer in Kanada nicht geduldet und vom Arbeitsmarkt absorbiert, sondern verhaftet und abgeschoben. Was diese Strenge unter einer liberalen Regierung bedeutet, schilderte die Zeitung Toronto Star in einer Artikelfolge mit dem Titel Caged by Canada (“Eingebuchtet von Kanada”). Demnach saßen im vergangenen Jahr 6596 abgelehnte Asylbewerber für unbestimmte Zeit im Gefängnis, unter ihnen 201 Kinder. Für Abschiebehaft kennt Kanada kein zeitliches Limit. Wer über keine Papiere verfügt und von seinem Heimatland nicht zurückgenommen werden kann, verbringt unter Umständen Jahre in einem Hochsicherheitsgefängnis. …”