DIE ZEIT: Wilbur Ross – Der Mann für die großen Pleiten

[10.12.2017] DIE ZEIT, Nr. 47, 16.11.2017
Wilbur Ross – Der Mann für die großen Pleiten
Wilbur Ross wurde zum Multimillionär, weil Gewerkschaften und Politiker ihm halfen. Nun soll er als Wirtschaftsminister Donald Trumps Versprechen einlösen.
Von Heike Buchter

Link  http://www.zeit.de/2017/47/wilbur-ross-gewerkschaften-paradise-papers-donald-trump

“… es wäre ein Fehler, Ross und seinen Einfluss auf Trump zu unterschätzen: Er ist einer der engsten Vertrauten des Präsidenten und als Wirtschafts- und Handelsminister damit beauftragt, dessen Agenda “America first” umzusetzen. …
Donald Trump und Wilbur Ross sind heute Nachbarn auf Floridas Reicheninsel Palm Beach, doch ihre Verbindung reicht Jahrzehnte zurück. Und ohne Ross wäre Trump wohl nie Präsident geworden. …
Er zahlte für die Werke des in Konkurs gegangenen Stahlunternehmens LTV 90 Millionen Dollar in bar und 235 Millionen in Form von Kreditübernahmen. Vom Stahl ließen andere Investoren damals lieber die Finger. Dutzende Unternehmen der Branche gingen zu der Zeit pleite. Traditionelle Stahlproduzenten wie LTV verloren im Wettbewerb gegen die sogenannten Minimills, die dank neuer Technologie mit weniger Arbeitskräften und mit Schrott als Rohmaterial billiger produzierten. Nach dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation 2001 fluteten zusätzlich Billigimporte die USA. …
Unter dem vorherigen Management war die Modernisierung der Werke am Widerstand der Gewerkschafter gescheitert. Gegenüber Ross stimmte die United Steelworkers Union (USW) dagegen einer Vereinbarung zu, die es dem Großinvestor erlaubte, rund die Hälfte der Belegschaft zu entlassen. Auch bei den Löhnen kam man ihm entgegen. Ross sei ein neuer Verbündeter beim Kampf um den Erhalt der US-Stahlindustrie, erklärte der USW-Vorsitzende Leo Gerard.

Die Schuld an der Misere gaben die Gewerkschaftsoberen stattdessen der ausländischen Konkurrenz und ihren “illegalen Importen”. …
Außerdem nutzte Ross seine Erfahrung mit dem US-Konkursrecht. Das erlaubt es, die Pensionen und Krankenversicherungen für die Belegschaft bei einer Pleite loszuwerden. So stieß Ross auf einen Schlag Milliarden Dollar an Verpflichtungen ab. …
In der Folge von Ross’ Transaktionen übernahm der Staat die Betriebsrenten von 190.000 ehemaligen Stahlarbeitern. Das Defizit des staatlichen Rettungsfonds ist inzwischen auf über 80 Milliarden Dollar angeschwollen. Dass viele Ex-Stahlarbeiter auch noch ihre Krankenversicherung verloren, konnte Ross’ Ruf als Retter nichts anhaben. …
2004 verkaufte Ross die ISG an den Mittal-Konzern – für 4,5 Milliarden Dollar. Der Profit für ihn und seine Anleger betrug laut Branchenschätzungen rund 260 Millionen Dollar.

Von den Stahlarbeitern hatte Ross sich feiern lassen, als er beklagte, zu viele Manager würden Fabriken in den USA schließen, um Arbeiter in der Dritten Welt auszunutzen. Genau das war jedoch seine Strategie bei seinen Investments in der Textil- und der Autobranche. …
Zuletzt lief es nicht so rund für Ross. Laut den Paradise Papers hält er Anteile an einem Schifffahrtsunternehmen namens Navigator, das wiederum im Auftrag eines russischen Energieunternehmens Gastransporte übernimmt. Zu dessen Eignern gehört Gennadi Timtschenko, ein Oligarch, den das US-Außenministerium zum innersten Kreis des Kreml zählt und der seit der Krim-Annexion nicht mehr in die USA einreisen darf. Ein weiterer Eigentümer ist Kirill Schamalow, Putins Schwiegersohn. …”

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