[20.01.2018] DIE ZEIT, Nr. 03, 11.01.2018
Lärmschutz – Ruhe, hier wird gearbeitet!
Wie Lärm, Licht und Raumgröße die Gesundheit von Büroangestellten beeinflussen
Von Nicole Simon
“… Im 700 Quadratmeter großen “Well Living Lab” testet er zusammen mit anderen Ärzten, Wissenschaftlern und Experten für Wohnkonzepte, wie der Arbeitsplatz Laune und Leistung beeinflusst. …
Gemäß einer Studie der Weltgesundheitsorganisation gingen 23 Prozent der Todesfälle im Jahr 2012 auf Umwelteinflüsse zurück. “In 90 Prozent unserer Zeit halten wir uns in Räumen auf”, sagt Bauer. Und in kaum einer anderen Umgebung sind wir so lange wie am Arbeitsplatz. Allein in Deutschland arbeiten rund 18 Millionen Menschen im Büro. Kein Wunder also, dass sich Forscher dafür interessieren, wie der Arbeitsplatz Wohlbefinden und Gesundheit beeinflusst.
… Rund ein Viertel der Menschen, die ihren Arbeitsraum teilen mussten, beklagten sich über Lärm. In Einzelbüros fühlte sich nur jeder Zehnte durch Geräusche gestört. …
… So haben sie festgestellt, dass das Gehirn Stimmen anderer nur sehr schlecht ausblenden kann. “Versteht man, was der Kollege am Telefon bespricht, hört man automatisch mit”, sagt Liebl. Als Folge davon sei die Konzentration gestört, die Leistungsfähigkeit sinke, wenn das Gespräch keinen Bezug zur eigenen Tätigkeit hat. …
… Nach einer Studie des Marktforschungsinstituts Ipsos verliert der durchschnittliche Büroarbeiter pro Tag bis zu 86 Minuten produktiver Arbeitszeit wegen Unterbrechungen durch Lärm. Die Dauerbeschallung kostet nicht nur Arbeitszeit, sie wirkt sich auch auf den Körper aus. Es drohen Kopfschmerzen, Muskelverspannungen und Schlafstörungen. Wer bei der Planung von Büros an den falschen Stellen spare, der mache eine Milchmädchenrechnung auf, ist Liebl überzeugt: “Die Folgekosten aus Kündigungen, Krankschreibungen und Leistungsminderung können später erheblich sein.” …
… Noch eine Idee wird in langfristigen Versuchen getestet: Wenn die Wissenschaftler der Mayo Clinic ihre Arbeiter im Well Living Lab mit Großraumbürolärm beschallen, spielen sie nach einiger Zeit auch ein sogenanntes Sound-Masking ein. Die Idee dahinter: Der Bürolärm sollte in einer monotonen Geräuschkulisse untergehen. Offenbar funktioniert’s: In den USA kann man das Sound-Masking in einigen Büros bereits hören. “In Deutschland hat sich eine komplette Raumbeschallung nicht durchgesetzt”, sagt Liebl. “Hier legen Mitarbeiter Wert darauf, dass sie ihre Umgebung selbst regulieren können.” Zusammen mit seinen Fraunhofer-Kollegen hat der Psychoakustiker daher eine Stehleuchte entwickelt, die nur den eigenen Arbeitsplatz mit Geräuschen einlullt. Da kann jeder selbst die Lautstärke regulieren – und wählen, mit welcher Art von Rauschen er beim Arbeiten zur Höchstform auflaufen will.”
“Zurücklehnen und Haltung bewahren
Wer den Arbeitsplatz auf seinen Körper abstimmt, tut viel für seine Gesundheit. Den Stuhl stellt man am besten so ein, dass die Oberschenkel waagerecht liegen und die Füße locker auf dem Boden stehen. Eine gute Rückenlehne stützt das Rückgrat und folgt zugleich den Bewegungen. Armlehnen helfen, die Schultern zu entspannen. Wenn die Knie jetzt gegen die Tischkante stoßen, sollte man sich eine höhenverstellbare Arbeitsfläche besorgen. Die Tastatur positioniert man so, dass die Handgelenke auf dem Tisch liegen. Zusätzliche Entlastung bringen Handballenauflagen.”