GRÜNE: Redebeitrag zum SPD-Antrag: “Neue Konzeption für das Anruf-Sammel-Taxi (AST)”

Redemanuskript des Stadtverordneten der GRÜNEN Martin Tichy, Stadtverordnetenversammlung am 28. März 2019

Die zentrale Frage lautet doch: Ist ein Anruf-Sammel-Taxi logistisch und wirtschaftlich überhaupt in der Lage eine ÖPNV-Erschließung von Griesheim zu leisten?
Griesheim hat zur Zeit 27.000 Einwohner, die im Schnitt etwas über 3 Wege pro Tag zurücklegen. Von diesen 90.000 Wegen am Tag, werden zur Zeit rund 10-12% mit dem ÖPNV zurückgelegt. Dies sind 9000 – 11.000 Wege pro Tag. – Die Straßenbahn befördert damit an einem durchschnittlichen Werktag mehr Fahrgäste als das AST heute in einem ganzen Jahr. Wollten wir den ÖPNV-Anteil nur um 1% steigern, wären dies 900 bis 1.000 Fahrgäste pro Tag. Kann ein AST dies leisten?
Bei einer Ausweitung der Betriebszeiten von 6 bis 20 Uhr auf werktäglich 14 Stunden, wären dies durchschnittlich 65 Fahrgäste pro Stunde. Selbst bei 2 Fahrgästen pro Fahrt ergäbe dies über 30 AST-Fahrten pro Stunde. – Zur Zeit sind es 1,15! – Bei max. 6 Fahrten pro Stunde und Fahrzeug wären dafür 5 Fahrzeuge und Fahrer erforderlich. Ich glaube, ich brauche die logistischen Möglichkeiten eines AST nicht noch tiefer betrachten. Und wie sähe es mit den Kosten aus?
Der Zuschuss pro Fahrgast beträgt zur Zeit 6,50 Euro. Nehmen wir einmal an, wir könnten diesen Betrag durch eine bessere Ausnutzung auf 5 Euro drücken, dann wären dies immer noch 4.500 Euro pro Tag oder bei 300 Fahrtagen 1,35 Mio. Euro pro Jahr. – Selbst bei einer absolut utopischen Halbierung auf 3,25 Euro pro Fahrgast, wären dies noch 880.000 Euro Zuschuss pro Jahr.
Und dies alles für einen nur 1% höheren ÖPNV-Anteil, OHNE Integration in den RMV, keine Betrachtung wieviele Fahrzeuge zusätzlich in den Spitzenstunden erforderlich wären und, und, und …
Damit ist, glaube ich, schlüssig dargelegt: Eine ÖPNV-Erschließung Griesheims ist eine Aufgabe für einen BUS. Griesheim ist ein Mittelzentrum und kein ländlicher Raum. – Dass sollten auch sie, von der SPD, endlich realisieren. Wir brauchen einen attraktiven und leistungsfähigen ÖPNV für möglichst VIELE Griesheimer und kein subventioniertes Taxi für ganz WENIGE.
Kommen wir zu Ihrem immer wieder herangezogenen Vergleich mit dem AST in Pfungstadt und der Frage ob und inwieweit es als Beispiel für das AST in Griesheim taugt. Dafür beziehe ich mich auf die im dortigen Ratsinfosystem verfügbaren Vorlagen und Gutachten:
Ausgangspunkt für das AST in Pfungstadt waren die Wiederinbetriebnahme der Pfungstadtbahn 2011 und die damit verbundene Überlegungen für eine bedarfsgerechtere Erschließung der Stadtteile – als ERGÄNZUNG zum Stadtbus und den überörtlichen Linien, die Stadtteile Pfungstadts mitbedienen. Und so wurde und ist das Pfungstädter AST heute noch angelegt: Jede ÖPNV-Haltestelle ist auch eine AST-Haltestelle, ergänzt um reine AST-Haltestellen abseits davon. Zustieg ist NUR auf die Minuten 10 und 40 und an einer ausgewiesenen AST-Haltestelle möglich, der Ausstieg aber an jeder Stelle in der Kernstadt. Wichtigster Zu- und Ausstiegspunkt ist der Bahnhof in Pfungstadt. Zeitkarteninhaber erhalten den ermäßigten Tarif. Und als Fahrzeug wurde deshalb konsequenterweise auch ein rollstuhlgeeigneter Kleinbus mit bis zu 8 Sitzen.
Griesheim hat keine Stadtteile, sondern ist ein zusammenhängender Stadtkern. Sie versuchen weiter das AST – wieder besseren Wissen – zu einem Ersatz für einen Stadtbus hochzustilisieren. Ein AST ist eine Schwachlastzeiten-ERGÄNZUNG und ERGÄNZUNG für abseits liegende Ziele mit zu geringem Aufkommen für einen BUS – wie in Pfungstadt.
Und an einem ganz entscheidenden Punkt von Pfungstadt und auch Weiterstadt sollten Sie liebe KollegInnen von der SPD sich endlich ein Beispiel nehmen: Ein klares Bekenntnis dazu, dass ein attraktiver und leistungsfähiger ÖPNV nicht zum Nulltarif zu haben ist. Wer in die Haushalte unserer beiden Nachbarkommunen schaut, der findet darin seit Jahren einen Zuschuss für den ÖPNV von an die 300.000 Euro. Es wäre an der Zeit und ein starkes Signal an die DADINA und den Landkreis, wenn Sie liebe SPD, endlich auch sagen würden, dass ein Betrag in dieser Größenordnung für eine Erschließung ganz Griesheims mit dem ÖPNV angemessen ist. Das meinen wir auch, wenn wir sagen, wir wollen nicht besser als Pfungstadt oder Weiterstadt gestellt werden, aber auch nicht schlechter.
Letzter Satz: Wie meinte doch Prof. Dr. Habermehl der gestern Abend auf Ihre Einladung in der Linie 9 zu Gast war: Griesheim hat eine hervorragende Straßenbahnanbindung, doch was ist mit dem weiteren ÖPNV-Angebot, einem Stadtbus? Geben Sie darauf endlich eine klare Antwort. DANKE.

=Es gilt das gesprochene Wort= # Hier geht es zum Antragstext LINK

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