Redebeitrag zum Bebauungsplan „Griesheimer Anger“

Redebeitrag von Martin Tichy, Fraktionsvorsitzender der GRÜNEN, Stadtverordnetenversammlung vom 20.07.2023 zum Beschluss über die Offenlage Bplan 111

Der Anger ist von Anfang an eine für Griesheim gänzliche neue und andere Herangehensweise an eine städtebauliche Entwicklung gewesen, als dies bisher der Fall war – abgesehen vielleicht von der Neubebauung der nördlichen Wilhelm-Leuschner-Straße zwischen Marktplatz und Platz Bar-Le-Duc. Nicht nur, weil nach Jahrzehnten endlich wieder bezahlbarer und geförderter Wohnraum in und für Griesheim entsteht, sondern weil die Bebauung von Anfang an zusammen mit der sozialen Infrastruktur, Freiflächen, Freizeit, Energieversorgung, Mobilität, dem Naturschutzgebiet und einem Inklusionsprojekt gedacht und geplant wird; Verbunden mit einer intensiven moderierten Bürgerbeteiligung. Nachhaltige Stadtentwicklung, statt von Einzelinteressen getriebene Grundstücksverwertung.

Grundstein dafür war zum einen der mutige Beschluss aller Stadtverordneten, unserem Vorschlag zu folgen, und den Erstzugriff für das ganze Konversionsgebiet auszuüben. Zum anderen das ebenfalls von allen Stadtverordneten beschlossene Nachnutzungskonzept, dass neben mindestens 50% bezahlbarem und gefördertem Wohnraum auch ambitionierte Flächen und Vorgaben für die gerade genannten mit zu denkenden und zu planenden Inhalte vorgegeben hat. Bürgermeister und Verwaltung ist es ist dann mit Unterstützung von Professor Werrer und Rechtsanwalt Nickel in einem gänzlich neuen Vergabeverfahren gelungen, Sahle Wohnen als Partner für die weitere Entwicklung zu gewinnen. Der folgende städtebauliche Wettbewerb hat den bis dahin eher abstrakten Flächen und Inhalten konkrete Struktur verliehen, die in den letzten eineinhalb Jahren mit den heutigen Beschlüssen die Grundlage für die ab Herbst diesen Jahres beginnende Erschließung und Bebauung sein sollen. Knapp 8 Jahre nach dem Beschluss für den Erstzugriff. Was auf den ersten Blick nach einer langen Zeit klingt, ist für solch ein Projekt ein beeindruckend hohes Tempo. Für dieses Tempo gilt unser Dank der Verwaltung und unseren Partnern.

Das Projekt hat sich dabei wie erwartet auch immer wieder verändert. Bereiche für Gewerbe oder Wohnen und Arbeiten finden sich nicht mehr, genauso wie die ursprünglich angedachten Quartiersgaragen. Dies tragen wir als GRÜNE mit, solange die Inhalte und Richtung auch für uns noch zusammenpassen und stimmig sind. Die Veränderung der Fläche nördlich der Lilienthalstraße empfinden wir dabei als positiv.
Mit großer Besorgnis verfolgen wir, wie all die Dinge, die nicht, oder noch nicht, satzungsrechtlich oder vertraglich festgezurrt sind, immer wieder in Frage gestellt, reduziert oder gestrichen werden:

Ein Mobilitätskonzept dessen Ziel ein PKW-armes Quartier sein soll, kann für uns nur schwer bzw. nicht erfolgreich sein, wenn entgegen den Vorstellungen und Empfehlungen von Bauträger und beauftragtem Fachbüro und im Einklang mit unserer Stellplatzsatzung mehr Stellplätze geschaffen werden als empfohlen und notwendig. Die Mobilitätsstationen sind dagegen bisher nur skizziert aber noch nicht finanziert.

Ein ursprünglich ambitioniertes Energiekonzept, dass das erreichen unserer Klimaschutzziele unterstützt, droht zu einem zu werden, dass wesentlich darauf baut, dass andere außerhalb des Angers klimaneutrales Gas und Strom zur Verfügung stellen.

Einen Konsens mit dem Respekt und Verständnis dafür, dass es Bereiche der Natur gibt, die inzwischen so selten und so verwundbar sind, dass ein Betreten durch Menschen nicht zu verantworten ist, vermissen wir noch. „Was bringt es mir, wenn die Spanische Flagge – das ist eine Schmetterlingsart – hier noch einen Lebensraum findet?“ ist aus unserer Sicht nicht nur egoistisch.

Können und wollen wir es uns leisten, die Gemeinbedarfsfläche nördlich der Lilienthalstraße nur für eine Kita zu nutzen? Gemeinbedarf der nur Mo-Freitag außerhalb der Ferien von 6 bis 17Uhr genutzt wird?

Wir äußern heute erneut unsere Besorgnis, beobachten die Entwicklung und sind gespannt, welche endgültigen Festlegungen der noch ausstehende städtebauliche Vertrag enthält.

Dies ist der Grund, warum wir den Festlegungen zum Flächennutzungsplan folgen und wir uns beim Offenlagebeschluss enthalten.

Martin Tichy – Es gilt das gesprochene Wort