Redebeitrag

(Neu)Aufstellung des Bebauungsplans “Griesheimer Anger”

Entwurf "Griesheimer Anger"

Redebeitrag von Martin Tichy zum BPlan 111 in der Stadtverordnetenversammlung am 23.6.2022

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

als erstes möchte ich mich bei den Mitarbeiter:innen, bei unseren Patner:innen, den Planungsbüros und der Verwaltung für die gute, fundierte und zügige Bearbeitung der umfangreichen Pläne und Unterlagen bedanken.

Der Griesheimer Anger, die frühere Konversion SüdOst, erreicht nach dem Nachnutzungskonzept, dem städtebaulichen Vertrag mit Sahle Wohnen, und dem städtebaulichen Wettbewerb, einen weiteren wichtigen Meilenstein. Wir wollen jetztkonkretes Baurecht schaffen. Deshalb ist es aus unserer Sicht wichtig zu schauen: Wo sind wir gestartet? Wo stehen wir heute? Und sind wir noch auf Kurs?

Das Nachnutzungskonzept (NNK) sah als zentrale Achse eine breite Grünfläche von der Lilienthalstraße bis in die offene Landschaft vor, die den Bewohner:innen zu Fuß und mit dem Rad vorbehalten sein sollte. Diese ist mit dem Griesheimer Anger eins zu eins umgesetzt.

Die Bebauung sollte in der Höhe und Dichte von West nach Ost ansteigen bzw. zunehmen. Auch dies ist – mit Ausnahme der Fläche nördlich der Lilienthalstraße – umgesetzt worden.

Es sollten mind. 350 Wohnungen entstehen; 50% davon als geförderter oder bezahlbarer Wohnraum, jedoch mind. 30% als geförderter Wohnraum.
Jetzt sind es rund 500 Wohnungen, doch dies ist kein Widerspruch, oder gar auf eine höhere Dichte zurückzuführen. Im Osten hatten wir im NNK eine Fläche für gewerbliche und ähnliche Nutzungen vorgesehen. Diese Nutzungen haben sich als nicht oder nur sehr schwer realisierbar herausgestellt und wurden deshalb bereits zum städtebaulichen Wettbewerb für weitere Wohnungen zur Verfügung gestellt. Hier sind jetzt mehr als 150 Wohnungen verortet.
Vertraglich im Kaufvertrag mit dem Bund sind min. 152 geförderte Wohnungen vereinbart, und wir sind uns sehr sicher, dass wir mit unserem Partner Sahle Wohnen die 50% geförderten und bezahlbaren Wohnraum erreichen werden.

Für das Inklusionsprojekt ist weiter eine Fläche vorgesehen und wir hoffen es wird wie geplant vom Verein verwirklicht.

Hinzugekommen ist der öffentliche Quartiersplatz und das vertraglich vereinbarte Quartiersmanagement mit Sahle Wohnen.

Auch das Verkehrskonzept erfüllt teilweise die gemachten Vorgaben und Ansprüche. Die Mehrzahl der Wohnungen entsteht im Osten und werden mit dem PKW direkt an die Flughafenstraße angebunden. Die Lilienthalstraße wird im Bereich des Quartiersplatzes zum verkehrsberuhigten Bereich und damit unattraktiver für den heute vorhandenen innerörtlichen Durchgangsverkehr. Leider sind wir beim Punkt „Parken von PKW“ inzwischen „voll in den 70iger zurück“. Das heißt Tiefgaragen unter dem Geschoßwohnungsbau und Stellplätze vor der Haustüre für die Doppel- und Reihenhäuser, und keine Quartiersgaragen. Die Erfahrung zeigt, so besteht erst einmal wenig Anreiz auf den eigenen PKW zu verzichten. Ein bisschen Carsharing und Radweg reichen hier nicht um das Ziel weniger als ein PKW pro Wohnung zu erreichen. Positiv ist, dass die durchgehende südliche Erschießungsstraße aus dem NNK wider abgeplant wurde.

Beim Energiekonzept hoffen wir, daß die tragischen aktuellen Ereignisse hier zu nahezu 100%iger Energieerzeugung und Gebäudehüllen möglichst in Passivhausstandard führen. Wir sind gespannt.

Was die Grün- und Freiflächen angeht bleibt es dabei, daß das Quartier mit dem Anger eine bisher in Griesheim nicht bekannte grüne Mitte erhält, die für die Bewohner:innen von St. Stephan bis zur Wilhelm-Leuschner-Straße attraktiv ist. Nicht kommen kann und wird ein begehbarer Zugang zu den vorhandenen und neuen Biotopen am Airfield. Diese Biotope mit ihren Tieren und Pflanzen sind zu empfindlich und zu wertvoll, als dass sie entsprechenden Störungen ausgesetzt werden könnten. Der Aussichtspunkt im Süden soll weiter umgesetzt werden.

So gut wie gar nicht wissen wir bisher wieviel und wo ein Ausgleich für den Eingriff in die Natur erfolgen kann und muß. Klar ist nur, der Eingriff ist erheblich; Vor allem im Süden und Osten des Gebietes. Für uns GRÜNE ist heute schon sicher: Den bisherigen „Griesheimer Weg“, Maßnahmen festzusetzen und dann für Jahre und Jahrzehnte nicht oder letztlich gar nicht umzusetzen, haben wir in der Vergangenheit nicht mitgetragen, und werden wir auch hier nicht mitmachen.

Es war uns allen immer klar, kein Plan, auch das NNK, wird eins zu eins umgesetzt. Er entwickelt sich und erfährt dadurch Veränderungen, und aus unserer Sicht sind wir noch immer innerhalb des Zielkorridors. Warum enthalten wir uns dann heute bei den Punkten 3 (Planunterlagen für die vorzeitige öffentliche Beteiligung) und 4 (Vorentwurf  für die Änderung des Flächennutzungsplanes)?

Weil wir als Stadtverordnetenversammlung (SVV) in die öffentliche Beteiligung gehen, ohne dass wir die Inhalte dieser diskutiert und beschlossen haben. Und diese Pläne und Unterlagen unterscheiden sich zum Teil nicht nur vom NNK, sondern auch vom Wettbewerbsergebnis. Dies betrifft aus unserer Sicht besonders die fehlende städtebauliche Platz- und Raumkante auf der nördlichen Seite der Lilienthalstraße. Aber auch kleinere Punkte, wie die Frage ob auf dem öffentlichen Platz Stellplätze für PKW und Fahrräder zulässig sein sollen, egal ob Sharing oder privat.

Beim Vorentwurf zur Änderung des Flächennutzungsplan ist zudem bisher nicht geplant, dass der endgültige Entwurf in der SVV diskutiert und beschlossen wird.

Wir hoffen, dass es, wie von uns vorgeschlagen und von allen Fraktionen zugesagt, rechtzeitig vor der Fertigstellung der Unterlagen für die Offenlage zu einer interfraktionellen Diskussion über die angesprochenen Punkte kommt, und wir nicht im Rahmen des normalen Sitzungsrhythmus mit Zeitdruck vor mehr oder weniger vollendete Tatsachen gestellt werden.

Abschließend möchte ich deshalb noch einmal betonen: „Wir sind weiter innerhalb des Zielkorridors, und wir wollen innerhalb dieses bleiben. Wir haben eine Zertifizierung für das Projekt vereinbart, es ist unser Ziel hier mit Gold oder Platin herauszukommen und nicht mit Silber oder Bronze.

Vielen Dank.

Es gilt das gesprochene Wort. Martin Tichy – Fraktionsvorsitzender B90/Die GRÜNEN Griesheim