[ 06.03.2017 ] DIE ZEIT, Nr. 9, 23.02.2017
800.000 Euro für einen Terror-Airbag, der nie fertig wurde
Die EU gibt drei Milliarden Euro aus, um Europa besser zu schützen. Doch nur Konzerne profitieren davon. Neue Technik, um Terroristen zu bekämpfen, liefern sie kaum.
Von Kai Biermann und Christian Fuchs
[Dieser Artikel ist eine aktualisierte Version des Artikels “All das schöne Geld” aus der ZEIT Nr. 9 vom 23.2.2017.]
“… Die EU gibt seit Jahren viel Geld aus, um Forscher zu unterstützen, die solche Sicherheitstechnik erfinden – und Unternehmen, die diese Erfindungen in Produkte verwandeln sollen. Allein in den vergangenen zehn Jahren gab sie drei Milliarden Euro dafür aus, Deutschland noch einmal weitere 500 Millionen Euro.
Doch wer genau bekommt das Geld? Und wie sinnvoll sind die Forschungsprojekte? Journalisten von ZEIT und ZEIT ONLINE sind zusammen mit Kollegen von De Correspondent, L’Espresso, Le Monde diplomatique und anderen europäischen Medien der Spur der Fördergelder gefolgt. Sie stießen auf ein dichtes und schwer durchschaubares Netz aus Lobbyisten, Politikern, Forschern und Industriellen. Entwirrt man es, erkennt man einen regelrechten Selbstbedienungsmarkt. Einige wenige Konzerne und Organisationen profitieren von dem gigantischen Förderprogramm des Staates, das ursprünglich dazu gedacht war, die Sicherheit Europas zu stärken. Sie bekommen Millionen für abgedrehte Ideen, um Drogenlabore zu finden oder Terroristen unschädlich zu machen. Nur werden viele Ideen nie zu einem Produkt. Millionen und Milliarden wurden dafür verschwendet, an Technologien zu forschen, die sich als überteuert oder unbrauchbar herausstellten. …
Fragt man Polizisten oder Feuerwehrleute, was sie am dringendsten benötigen, um die Sicherheit in Europa zu erhöhen, nennen sie keine Hightech-Produkte. Sie wünschen sich mehr Kollegen, neue Schutzwesten, funktionierende Streifenwagen. Dafür gab es in den öffentlichen Kassen jahrelang kaum Geld.
Der Allgemeinheit also nutzen die millionenschweren Förderprogramme kaum. Den Unternehmen dagegen schon. …”