Redebeitrag zum Flächennutzungsplan, Südring

Redebeitrag von Martin Tichy, Stadtverordnetenversammlung vom 20.01.2022

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Liebe Zuhörer:innen,

an dieser Stelle zeigt sich exemplarisch woran es momentan in Griesheim wieder mangelt, und auch diesem Verfahren zur Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes (FNP), das man nur alle 20 bis 25 Jahre betreibt.

Wir diskutieren und entscheiden heute bereits über einzelne Flächen ohne vorher die Leitlinien und Ziele der städtebaulichen Entwicklung Griesheims für die nächsten Jahrzehnte festgelegt zu haben. Aus vielen Einzelflächen soll sich irgendwie ein Gesamtbild ergeben. Dabei wissen wir es doch inzwischen besser: Konversion, Ortsbildrahmenplan, Innenstadtplätze, Westeingang. Aus den gemeinsam erarbeiteten Leitlinien ergeben sich die konkreten Einzelplanungen und Vorhaben, nicht umgekehrt.

Konkret für die Flächen südlich des Südring im Bereich St. Stephan:

  • Welche funktionalen Defizite hat Griesheim, und wo sollen und können diese behoben werden?
  • Wo soll der südliche Ortsrand für die nächste Generation liegen?
  • Wir soll dieser Ortsrand, der Übergang zur freien Landschaft gestaltet werden?
  • Wollen wir alle nach dem Regionalplan noch möglichen Bauflächen jetzt erschließen und dann bebauen?

Wir sind zu dem Ergebnis gekommen: Der alte FNP hatte das Ziel zusätzliche Flächen für Wohnen und Gewerbe in bis dahin nicht gekanntem Umfang zu erschließen. Heute sehen wir, dass dieses Wachstum zu funktionalen Defiziten im Bereich der sozialen und öffentlichen Infrastruktur, Kinderspiel und Kinderbetreuung, Schule, Bildung, Sport, Freizeit und Erholung. Auch der Schutz und Erhalt von Natur- und Grünflächen innerhalb und außerhalb der Bebauung wurde stark vernachlässigt.

Für uns ergibt sich daraus für die Flächen südlich des Südring insgesamt:

  • Eine Wohnbebauung an dieser Stelle führt zu keiner Reduktion der funktionalen Defizite,
  • auch bezahlbarer und geförderter Wohnraum kann und wird hier nicht entstehen.
  • Eine Bebauung der Fläche steht der Entwicklung eines grünen Ortsrandes und eines Übergangs von offener Landschaft und vorhandener Wohnbebauung mit Aufenthaltsqualität für Menschen und Natur entgegen

Eine solche Ausweisung schafft dafür unmittelbar Probleme und Fakten. Wer behauptet, dass mit dieser Änderung im FNP noch keine Tatsachen geschaffen werden, weil noch kein Baurecht in Form eines Bebauungsplanes existiert, der irrt aus unserer Sicht:

  • Die dort befindlichen Grundstücke sind von Form, Größe und Lage bebaubar, eine Umlegung ist nicht erforderlich.
  • Die Grundstücke sind erschlossen, verkehrlich, für Wasser und Abwasser und mit Elektrizität.
  • Aus unserer Sicht ergibt sich durch die vorhandene Bebauung auf den Grundstücken sowie die auf den nördlich angrenzende, dass diese Flächen als „innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile“ gelten können und damit nach §34 bebaut werden könnten.
  • Des weiteren erhöht sich durch diese Änderung der Grundstückswert, dass heißt eine Rücknahme oder Änderung könnte einen Planungsschaden verursachen.

Hinzu kommt, dass die landwirtschaftlichen Betriebe an dieser Stelle keine Entwicklungsmöglichkeit mehr haben, sondern nur noch Bestandsschutz. Eine neue Halle oder eine bauliche Veränderung für eine landwirtschaftliche Nutzung könnte und würde nicht mehr genehmigt, da diese Nutzung dem zukünftigen FNP widerspricht.

Wir werden deshalb keiner Variante mit einer Wohnbebauung auf diesen Grundstücken zustimmen und beantragen erneut eine Ausweisung als landwirtschaftliche Fläche.

Es gilt das gesprochene Wort – Martin Tichy – 20.1.2022